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Mobilität – die Kurve Richtung Zukunft kriegen
Die Speicherung überschüssiger regenerativ erzeugter elektrischer Energie zur späteren Nutzung spielt im Rahmen der Energiewende eine wichtige Rolle. Je mehr Strom aus
erneuerbaren Energien erzeugt wird, desto näher rückt die Möglichkeit, Wasserstoff und methanisiertes Erdgas CO2-neutral zu nutzen. Ein Ausblick.
Wasserstoff für die Industrie
Der Verbrauch von Wasserstoff in Deutschland ist enorm. Etwa 20 Milliarden Normkubikmeter werden jährlich erzeugt, weltweit sind es sogar 500 Milliarden. Hergestellt wird er meist durch die sogenannte Dampfreformierung mit Erdgas. Bei diesem Verfahren werden allerdings enorme Mengen an Kohlendioxid freigesetzt. Für die Produktion einer Tonne Wasserstoff werden dabei circa 10 t CO2 emittiert. Unter den größten industriellen Wasserstoffnutzern sind Raffinerien, die Wasserstoff zur Entschwefelung von Benzin und Diesel benötigen. Könnten hier erneuerbare Energien bei der Elektrolyse zum Einsatz kommen, wäre die Produktion nahezu CO2-emissionsfrei mit Auswirkungen auf die CO2-Bilanz konventioneller Kraftstoffe. Neben Anwendungen in weiteren Chemiesparten, wie der Arznei- und Düngemittelproduktion, zeichnen sich riesige Potenziale für die breite Nutzung von grünem Wasserstoff bzw. mit Hilfe von grünem Wasserstoff erzeugten synthetischen Kraftstoffen im Mobilitätssektor ab: in der Binnen- und Seeschifffahrt, im Flugverkehr sowie im Lkw- und Bahnverkehr.
Power-to-Fuel
Im Auftrag der Audi AG errichtete die ETOGAS GmbH bereits 2013 im niedersächsischen Werlte neben einer bestehenden Biogasanlage eine 6-MW-Pilotanlage zur Umwandlung von Ökostromüberschüssen in erneuerbares Erdgas. Zur Methanisierung wird neben dem aus regenerativen Quellen gewonnen Wasserstoff auch CO2 aus einer Biogasaufbereitungsanlage eingesetzt. Die Anlage produziert somit erneuerbaren Kraftstoff, von Audi »e-gas« genannt. Der Verbrauch der Fahrzeugflotte der Audi g-tron-Modelle wird genau dokumentiert und 1:1 ins Erdgasnetz eingespeist, sodass tatsächlich von klimaneutralem Kraftstoffverbrauch gesprochen werden kann.
Power-to-Gas
Die Power-to-Gas-Technologie wandelt regenerativ erzeugten Strom in chemische Energie in Form verschiedener Gase um. Wasser wird zunächst mittels Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten und unter Zugabe von CO2 methanisiert. Das Ergebnis ist synthetisches Erdgas. Der Clou: In Deutschland könnte die flächendeckende Infrastruktur aus über 400.000 km Erdgasleitungsnetz und über 50 unterirdischen Erdgasspeichern mit einer Kapazität von derzeit 23,5 Milliarden Normkubikmetern genutzt werden. Die technologische Entwicklung zur Herstellung von Wasserstoff im Power-to-Gas-Verfahren ist inzwischen auf dem Sprung zur Anwendung im großindustriellen Maßstab. Die Netzbetreiber Tennet, Gasunie und Thyssengas wollen die Speicherung von erneuerbaren Energien in Gasnetzen vorantreiben und im Nordwesten Deutschlands eine 100 Megawatt starke Anlage bauen. Zwei Standorte in der Nähe von Tennet-Umspannwerken, die vor allem Offshore-Windstrom aus der Nordsee bündeln und weiterverteilen, kommen in Frage. Die Pilotanlage soll 2022 mit einem ersten Modul starten, danach soll bis 2028 jedes zweite Jahr ein neues Modul hinzukommen.
Mannesmann-Rohre für Wasserstofftransport und -lagerung
Für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff kann Mannesmann Line Pipe seinen Kunden bereits heute geeignete Produkte und Lösungen anbieten. Die Anforderungen der EIGA, der European Industrial Gases Association, stellen im Allgemeinen keine Probleme dar. Manuel Simm, zuständiger Verkaufsgebietsleiter bei Mannesmann Line Pipe: »Zur dauerhaften Beständigkeit für den Wasserstofftransport wird die Innenoberfläche frei von Oberflächenabsätzen gemäß ISO 3183 geliefert. Angriffspunkte im Material selber werden durch eine garantierte Unterschreitung des Phosphor- und Schwefelgehaltes im Vergleich zur EIGA-Richtlinie auf ein Minimum beschränkt«. Manuel Simm weiter: »Ein ebenfalls weiter abgesenktes Kohlenstoffäquivalent gewährleistet eine hervorragende Schweißbarkeit unseres Rohrwerkstoffes. Das sichert eine lange Lebensdauer und führt zu einem wartungsarmen Einsatz.«
Die Zukunft mit Wasserstoff kann kommen – wir sind bestens gewappnet!Manuel Simm, Verkaufsgebietsleiter
H2-Rohre weitergedacht
Zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bei Transport und Lagerung von Wasserstoff bieten sich höhere Rohrfestigkeiten bei geringerer Wanddicke an. Um die bisher kaum untersuchten Auswirkungen von Wasserstoff auf genau diese höheren Werkstoffgüten zu beurteilen, wurden mit Hilfe der Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH Untersuchungen an der Güte X70 (nach API 5L) durchgeführt. An Rundzugproben aus dem Grundwerkstoff und HFI-Schweißnähten wurden »Slow Strain-Rate Tensile«-Tests unter praxisrelevanten Bedingungen von 80 bar Wasserstoff und 80 bar Stickstoff als Referenzmedium durchgeführt. Manuel Simm erläutert die Ergebnisse: »Weder im Grundwerkstoff noch im HFI-Schweißnahtbereich wurde ein relevanter Einfluss des Wasserstoffes auf den Verlauf der Zugkurven, die Streckgrenze oder die Zugfestigkeit und somit auf die Festigkeit des Werkstoffes festgestellt. Damit haben wir auch höhere Güten für die Verwendung als Transportrohre für Wasserstoff qualifiziert.« Sein abschließendes Fazit: »Die Zukunft mit Wasserstoff kann kommen – wir sind bestens gewappnet!«