HFI-geschweißte Stahlrohre für Tiefsttemperaturen
X8Ni9-Güte ersetzt Edelstahlrohre für LNG-Transport
Über 90 % des Rohstoffs Erdgas werden weltweit über Pipelines verteilt. Eine Alternative besteht im LNG-Transport mit Schiffen, bei dem Erdgas bei –163 °C verflüssigt und auf ein 600stel seines Volumens reduziert wird. Dies stellt höchste Ansprüche an die Leitungsrohre, die Salzgitter Mannesmann Line Pipe ab sofort mit der neuen Güte X8Ni9 erfüllt.
Um den Energieaufwand beim Transport zu minimieren, sind Rohre mit einer möglichst perfekten Isolierung erforderlich. Mit der »FW-KAMMER-PIPE« stellte FW-FERNWÄRME-TECHNIK bereits 2012 ein praxistaugliches Produkt vor. Dabei handelt es sich um ein Dreifach-Rohrsystem, das aus einem durchgängig gedämmten Innenrohr, einem Kammerrohr und einem Mantelrohr besteht. Die Kammer wird mit einem Permanentvakuum betrieben, das Innenrohr ist mit einer hochwertigen Kälteisolierung gedämmt. Die erste Produktgeneration nutzte zum Transport des -163 °C kalten LNG im Inneren ein Edelstahlrohr.
HFI-geschweißte Rohre der Güte X8Ni9 machen unsere FW-KAMMER-PIPE wirtschaftlicher und für unsere Kunden attraktiver.Volkwart Harders, Inhaber FW-FERNWÄRME-TECHNIK GmbH
Verbesserungsansatz Wirtschaftlichkeit
Um das Produkt nun wirtschaftlicher und attraktiver zu gestalten, entwickelte Salzgitter Mannesmann Line Pipe in Zusammenarbeit mit Salzgitter Mannesmann Flachstahl eine neue Stahlgüte für diesen Anwendungszweck. Valentina Berger von der Technischen Kundenberatung bei Salzgitter Mannesmann Line Pipe in Siegen: »Wir haben hier von den Erfahrungen unserer Konzernschwester profitiert, die bereits seit mehreren Jahren hoch Ni-legierte Werkstoffe herstellt.«
Das Warmband wurde bei Salzgitter Mannesmann Line Pipe in Hamm zu Rohren in der Abmessung 219,1 x 5,0 mm weiterverarbeitet. Um die erforderlichen Produkteigenschaften zu erzielen, erfolgte anschließend eine auf die Anwendungsbedürfnisse hin optimierte Q & T-Wärmebehandlung.
Neue Güte ersetzt Edelstahl
FW-FERNWÄRME-TECHNIK installierte die X8Ni9-Rohre als Innenrohr in ihrer »FW-KAMMER-PIPE«. Für das Kammerrohr wurde wie zuvor 1.4301/1.4307 und für das Mantelrohr P355NL mit einem äußeren Korrosionsschutz aus Polyethylen verwendet. Das FW-KAMMER-PIPE hat aufgrund der unterschiedlichen Werkstoffe und des im Betrieb entstehenden Temperaturprofils von Innenrohr (–196 °C), Kammerrohr (–17 °C bis 5 °C) und Mantelrohr (–3 °C bis 8 °C) verschiedene lineare Ausdehnungskoeffizienten.
»Wäre das gesamte KAMMER-PIPE aus 1.4301/1.4307, so wäre die Kontraktion der Rohrleitung im Betrieb sehr hoch«, erklärt Michael Stiller, der bei FW-FERNWÄRME-TECHNIK als Projektleiter für die Teststrecke zuständig war. »Dies würde in der Praxis zu deutlich höheren Aufwendungen für Kompensationselemente führen. Durch den Einsatz der unterschiedlichen Werkstoffe wurde die Differenz der Kontraktion im Betrieb zwischen Kammer- und Innenrohr deutlich reduziert.«
Die neuen Innenrohre aus X8Ni9 verfügen über wesentlich höhere Festigkeitswerte als der bisher eingesetzte Edelstahl. Damit lassen sich bei vergleichsweise geringeren Wandstärken höhere Betriebsdrücke realisieren.
Simulationsstrecke mit 100 Messpunkten
Zu Testzwecken baute FW-FERNWÄRME-TECHNIK auf seinem Werksgelände eine knapp 50 m lange Simulationsstrecke. Im Versuch wurde die Leitung mit flüssigem Stickstoff für mehrere Wochen auf eine Betriebstemperatur von -196 °C gekühlt. An der gesamten Leitung – Kammer, Mantelrohr, Bögen, Festpunkten, Lager und gerade Leitungsabschnitte – wurden Messfühler angebracht.
Manfred Veit, der bei Salzgitter Mannesmann Line Pipe in Hamm die Q&T-Behandlung mitentwickelte, war mit den Versuchsergebnissen mehr als zufrieden: »Die neuen Innenrohre zeigten bei -196 °C eine Zähigkeit von über 80 J, gefordert waren 40 J. Die Streckgrenze lag bei etwa 600 MPa und damit deutlich über den geforderten 490 MPa.« Michael Stiller von FW-FERNWÄRME-TECHNIK bestätigt: »Durch die Versuche haben wir erreicht, dass die bisher aus Edelstahl hergestellten LNG-Leitungen durch HFI-geschweißte X8Ni9-Rohre ersetzt werden können. Das macht das Produkt wirtschaftlicher und für unsere Kunden attraktiver.«
Wieder ein gelungenes Beispiel dafür, wie innovative Produktverbesserungen zu nachhaltigeren Lösungen führen.