Wasserstoffanwendungen
Wasserstofftechnologien – heute die Weichen für morgen stellen
Für das Gelingen der Energiewende ist die sogenannte Sektorkopplung, die Verzahnung von Strom, Wärme und Mobilität von entscheidender Bedeutung. H2ready-Produkte von Mannesmann Line Pipe könnten dabei eine wichtige Rolle spielen.
»Mit unseren H2ready-Produkten sehen wir uns als wichtiges Bindeglied zur Kopplung der Sektoren.«Andreas Betzler, Geschäftsführer Mannesmann Line Pipe
»Wie in allen anderen Bereichen sind wir auch beim Thema Wasserstoff in der Forschung und der Anwendungsentwicklung bestens vernetzt«, so Geschäftsführer Andreas Betzler. Aktiv engagiert sich Mannesmann Line Pipe z. B. im Netzwerk der EnergieAgentur.NRW, arbeitet mit dem TÜV und dem Fraunhofer-Institut zusammen und ist stark in die konzernweiten Aktivitäten der Salzgitter AG eingebunden.
Übergang zur Serienreife
Für regen Austausch sorgte zuletzt auch die bestens besuchte Kundenfachtagung im Dezember 2019 in Siegen mit hochkarätigen Fachvorträgen. Vorgestellt wurde in diesem Rahmen auch das Mannesmann Line Pipe Produktportfolio rund um Transport und Speicherung von Wasserstoff. Zahlreiche bis zur Marktreife entwickelte Produkte stehen für die Branchen Energiewirtschaft, Industrie, Mobilität und Gebäude zur Verfügung. »Wir sind hier nicht stiller Marktbeobachter, sondern sehen uns als aktiven Partner, der einen konstruktiven Beitrag für seine Kunden im Sinne der Energiewende leistet, denn«, so Andreas Betzler weiter, »wir befinden uns bereits in einer Übergangsphase von der Forschung und Erprobung in die serienreife Implementierung im industriellen Maßstab«. Beispiele dafür gibt es inzwischen genug.
Wasserstoff kommt endlich zum Zug
Das Schienennetz in Deutschland ist rund 34.000 Kilometer lang. 40% davon sind nicht elektrifiziert und werden per Dieselantrieb befahren. Seit 2017 betreibt der Schienenfahrzeug-Hersteller Alstom die beiden weltweit ersten Wasserstoffzüge. Die Regionalzüge mit Brennstoffzelle verbinden Bremervörde, Cuxhaven, Bremerhaven und Buxtehude. Bis Ende 2021 soll die gesamte Dieselzugflotte der Strecke durch 14 Wasserstoffzüge ersetzt werden. Streckenabschnitte in Hessen und NRW werden bald folgen und Alstom ist auf dem Sprung zur Serienproduktion des Coradia iLint.
CO2-freier ÖPNV aus Abfall
Die Stadtwerke Wuppertal (WSW) und die Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) werden demnächst zehn mit Brennstoffzellen betriebene Linienbusse auf die Straße bringen. Ihren Wasserstoff bekommen die Fahrzeuge dabei emissionsfrei vom hochmodernen Müllheizkraftwerk im Süden Wuppertals. Der tägliche Wasserstoffbedarf liegt bei ca. 400 Kilogramm, die das MHKW an 365 Tagen im Jahr sicher liefern kann. So entsteht aus regionalen Abfällen nachhaltige Energie für den ÖPNV. Nach Wuppertal wird z.B. auch das Müllheizkraftwerk in Frankfurt – eingebettet in ein Projekt mit dem Energieversorger Mainova – in die Wasserstoffproduktion einsteigen. Und auch das Allgäu will zur Wasserstoff-Region werden. Eine Potenzialanalyse zeigt: Pro Jahr könnten bis zu 1.000 Tonnen grüner Wasserstoff in einem Müllheizkraftwerk und einem Wasserkraftwerk produziert werden.
Bestens vernetzt
Mit seinen H2ready-Produkten bietet Mannesmann Line Pipe bereits ein breites Portfolio im Bereich der Wasserstoffanwendungen. Um die Entwicklungen im Rahmen der Energiewende weiter voranzutreiben, sind wir von der Forschung und Erprobung bis hin zur Implementierung bestens vernetzt. Dazu gehören namhafte Unternehmen aus den Bereichen
- Chemische Industrie
- Gasnetzbetreiber und -versorger
- Autoindustrie
- Anlagenbetreiber
- Forschungsinstitute
- Ingenieurbüros
Darüber hinaus gibt es u. a. Beteiligungen in den Netzwerken der Hypos, des DVGW, des DWV, der EnergieAgentur.NRW, des Salcos®-Projektes der Salzgitter AG und des IRO sowie die Zusammenarbeit mit Abnahmegesellschaften.
Wasserstofftankstellen
Um aber Busse, die Müllabfuhr oder auch Privat-Pkw mit Wasserstoff betanken zu können, werden Tankstellen benötigt. Eine davon steht seit Juni 2019 nun auch in Siegen. Die Station ist die erste ihrer Art in Südwestfalen und ist eine von aktuell 16 in NRW. Bis Ende 2020 sind über 100 Tankstellen in Deutschland geplant. Bei einer Anzahl von 1.000 wäre etwa jede 15. Tankstelle eine mit Wasserstoff. Dann könnte man von einer flächendeckenden Versorgung sprechen – vorausgesetzt es würde auch genügend Wasserstoff zur Verfügung stehen.
Zukunft der Intralogistik
Innerbetrieblicher Transport spielt in produzierenden Unternehmen oder dem Handel eine immer wichtigere Rolle. Die Intralogistik-Branche ist deshalb beim Thema Wasserstoff/Brennstoffzelle weiter als viele andere. Hinsichtlich seines jährlich rund 270.000 Tonnen betragenden Obst- und Gemüseumschlags ist das Pariser Logistikzentrum Prelodis beispielsweise Europas erster 100-Prozent-Wasserstoff-Standort. «We were motivated by potential cost savings, ease of use, lack of battery charge room and also the enthusiasm to open a new site with innovative technology», wird Philippe Giroux, CEO Prelodis, Prelocentre Group zitiert. Auch das Mercedes Benz-Werk in Düsseldorf, das BMW-Werk in Leipzig oder DB Schenker in Linz setzen neue Maßstäbe in Sachen wasserstoffbasierter Intralogistik. Inzwischen bieten alle namhaften Hersteller von Flurförderzeugen serienreife wasserstoffbasierte Hubwagen, Schlepper und Stapler an.
Zu viel Strom im Netz
Die Herstellung von Wasserstoff ist energieintensiv. Beim »grauen« Wasserstoff fallen bei der Herstellung einer Tonne rund zehn Tonnen CO2 an. Mit CO2-neutraler Energie aus Wind und Sonne ergeben sich nun allerdings bislang ungeahnte Möglichkeiten: die Herstellung von »grünem«, sprich CO2-neutralem Wasserstoff. Bei Sonnen- und Windspitzen ergibt sich bereits heute ein Überschuss an Strom. Diese Zeiträume für eine »dynamische Elektrolyse« zu nutzen, bietet enorme Chancen. Da kommt die Pilotanlage im industriellen Maßstab des Stromnetzbetreibers Amprion mit dem Gaspipeline-Betreiber »Open Grid Europe« (OGE) gerade richtig. In Niedersachsen soll eine Wasserstoff-Elektrolyseanlage mit einer Leistung von 100 Megawatt entstehen. Stromproduzenten können diese dann nutzen, um etwa überschüssigen Windstrom in speicher- und transportfähigen Wasserstoff umzuwandeln.
Vorreiter Salzgitter AG
Auch die Stahlherstellung ist energieintensiv. Verfahrenstechnisch ist daran auch grundsätzlich nichts zu ändern. Die Salzgitter AG hat sich deshalb – als weltweit erster Stahlproduzent überhaupt – für die Dekarbonisierung der Stahlherstellung mittels grünem Wasserstoff entschieden. Wasserstoff soll bei der Eisengewinnung Koks und Kohle ersetzen, der Wasserstoff selbst soll klimaneutral mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Dazu sollen 2020 sieben Windenergieanlagen auf dem Konzerngelände der Salzgitter AG in Betrieb gehen und rund 400 Normkubikmeter Wasserstoff pro Stunde (Nm³/h) erzeugen. Im ersten Ausbauschritt könnte der CO2-Ausstoß schon um bis zu 26 % sinken. Wenn die gesamte Stahlproduktion auf die neue Verfahrensroute mit Direktreduktionsanlagen, Elektrolyseuren und Elektrolichtbogenöfen umgestellt würde, wäre eine Verminderung um bis zu 95 % möglich.
Nationale Wasserstoffstrategie
Dass das Thema inzwischen auch in der Politik angekommen ist, zeigt sich in der von der Bundesregierung geplanten »nationalen Wasserstoffstrategie«. In ihr sollen Klima-, Energie-, Industrie- und Innovationspolitik miteinander verzahnt werden. »Die Zukunft gehört allein dem grünen Wasserstoff«, sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek kürzlich im Interview mit dem Handelsblatt. »Bei der nationalen Wasserstoffstrategie sollten wir grün, global und groß denken«, so ihr Appell. Ihr Amtskollege Peter Altmaier sagte auf der Konferenz »Wasserstoff und Energiewende« am 5.11.2019 in Berlin: »Gasförmige Energieträger, vor allem Wasserstoff, werden ein Schlüsselrohstoff einer langfristig erfolgreichen Energiewende sein. Gleichzeitig bietet die Herstellung von CO2-freiem und CO2-neutralem Wasserstoff große industriepolitische Chancen. Diese müssen wir nutzen und bereits heute die Weichen dafür stellen, dass Deutschland bei Wasserstofftechnologien die Nummer 1 in der Welt wird.« Kein Wunder also, dass es inzwischen zahlreiche Forschungs- und Förderprogramme aus den Ministerien gibt. Im Bereich der Wasserstofftechnologie fördert das BMBF hochinnovative Ansätze zu Produktion, Transport und Nutzung bis 2021 mit 180 Millionen Euro. Zudem stehen bis 2023 über 300 Millionen Euro aus dem Klimafonds bereit.
Forschen für die Zukunft
Weiter forschen und entwickeln wird auch Mannesmann Line Pipe. Aktuell laufen u. a. Projekte wie
- Materialverhalten bei hohem Wasserstoffanteil im Erdgas
- Materialverhalten bei extrem schwankenden Belastungen
»Wir wollen uns auf dem Erreichten nicht ausruhen, denn mit unseren H2ready-Produkten sehen wir uns als wichtiges Bindeglied zur Kopplung der Sektoren. Transport, Verteilung und Lagerung von Wasserstoff werden im Rahmen einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft branchenübergreifend eine wichtige Rolle spielen«, so Andreas Betzler abschließend.
»Die Zukunft gehört allein dem grünen Wasserstoff. Bei der nationalen Wasserstoffstrategie sollten wir grün, global und groß denken.«Anja Karliczek, Bundesforschungsministerin
Glossar Wasserstoff
Wasserstoff – grün, grau, blau, türkis
Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, bei der ausschließlich CO2-freier Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt. Die Produktion ist dadurch CO2-frei. Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen. In der Regel wird Erdgas unter Hitze in Wasserstoff und CO2 umgewandelt (Dampfreformierung). Das CO2 wird ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben und verstärkt so den globalen Treibhauseffekt: Bei der Produktion einer Tonne Wasserstoff entstehen rund 10 Tonnen CO2. Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, dessen CO2 bei der Entstehung jedoch abgeschieden und gespeichert wird. Das bei der Wasserstoffproduktion erzeugte CO2 gelangt so nicht in die Atmosphäre. Türkiser Wasserstoff wird über die thermische Spaltung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff. Voraussetzungen für die CO2-Neutralität sind der Einsatz erneuerbarer Energiequellen sowie die dauerhafte Bindung des Kohlenstoffs.
Wasserstoffwirtschaft
ist eine Energiewirtschaft, die hauptsächlich oder ausschließlich Wasserstoff als Energieträger verwendet. Wasserstoff ist zwar chemisch gesehen ein Primärenergieträger, muss aber mit Hilfe anderer Energiequellen gewonnen werden. Damit ist eine Wasserstoffwirtschaft nur so nachhaltig wie die Primärenergie, aus der der Wasserstoff gewonnen wird.
Mannesmann H2ready
Speziell für den Transport von Wasserstoff entwickelt und qualifiziert, übertreffen die mechanisch-technologischen Eigenschaften unserer Stahlrohre die Anforderungen der EIGA-Richtlinie und garantieren optimale Sicherheit und Lebensdauer. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.mannesmann-innovations.com.
Brennstoffzelle
Brennstoffzellen sind keine Energiespeicher, sondern Energiewandler. Eine Brennstoffzelle ist eine galvanische Zelle, die die chemische Reaktionsenergie eines kontinuierlich zugeführten Brennstoffes und eines Oxidationsmittels in elektrische Energie umwandelt. Wenn auch mit Brennstoffzelle oft eine Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle gemeint ist, können je nach Typ auch beispielsweise Methanol, Butan oder Erdgas zum Einsatz kommen.