Grüne Gase
Die Bedeutung von grünem Wasserstoff in der Energiewende ist unbestritten. Jetzt folgt die Herstellung und Anwendung von Ammoniak als zweitem grünem Gas. Für beide bietet Mannesmann Line Pipe bereits heute anwendungsfähige Produkte und Lösungen: für den effizienten Transport, die sichere Speicherung und die CO₂-neutrale Anwendung.
Die regenerative Stromerzeugung kämpft nach wie vor mit zwei gravierenden Problemen: der volatilen Produktion und der zeitnahen wirtschaftlichen Verteilung in die Fläche. Beide Probleme lassen sich mit grünem Wasserstoff lösen. Aus Studienergebnissen und Forschungsprojekten sind inzwischen Großprojekte entstanden.
Produktion im industriellen Maßstab
Zahlreiche namhafte Industrieunternehmen, Anlagenbauer und Energieunternehmen beschäftigen sich mit der Herstellung und Anwendung von grünem Wasserstoff. So ist bereits im Sommer 2021 auf dem Gelände der Shell Rheinland Raffinerie in Wesseling bei Köln Europas größter PEM-Elektrolyseur zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Betrieb gegangen. Die 10-MW-Anlage wird pro Jahr bis zu 1.300 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren, eine 100-MW-Anlage ist bereits in Planung. Der Industriegasehersteller Linde wird 2022 in Leuna ein Projekt mit einer Leistung von 24 MW in Betrieb nehmen. BP und Ørsted, Weltmarktführer im Bereich Offshore-Windenergie, planen gemeinsam eine 50-MW-Elektrolyseanlage auf dem Gelände der BP-Raffinerie in Lingen. Und auch Siemens Smart Infrastructure ist gemeinsam mit der „Wun H2“ in die grüne Wasserstofferzeugung eingestiegen: Im bayerischen Wunsiedel sollen ab Mitte 2022 jährlich bis zu 1.350 Tonnen grüner Wasserstoff hergestellt werden. Die Initiative AquaVentus will grünen Wasserstoff direkt dort herstellen, wo die Energie dazu erzeugt wird: auf hoher See. Bis 2035 sind Elektrolyseanlagen mit einem Gesamtvolumen von 10 Gigawatt geplant. Damit könnten bis zu 1 Million Tonnen grüner Wasserstoff hergestellt und über Pipelines verteilt werden.
»Ebenso wie für den wirtschaftlichen Transport, die sichere Speicherung und die CO₂-neutrale Anwendung der grünen Gase Wasserstoff und Ammoniak steht unseren Kunden auch bei der CO₂-Abscheidung und dem CO₂-Transport ein breites Spektrum an Produkten zur Verfügung.«Konrad Thannbichler, Verkaufsleiter Mannesmann Line Pipe
Salzgitter AG – grüner Wasserstoff erzeugt grünen Stahl
Mit grünem Wassertoff geht die Salzgitter AG schon heute den Schritt in die konkrete Anwendung: Neben einem PEM-Elektrolyseur betreibt die Salzgitter AG den weltweit größten Hochtemperatur-Elektrolyseur und nutzt dabei den Abwärmedampf der Stahlerzeugung. So entstehen bereits heute erste grüne Stahlkomponenten, die z. B. von Miele oder der Mercedes-Benz AG verwendet werden.
Wasserstoff vs. Ammoniak
Doch neben zahlreichen Vorteilen hat Wasserstoff auch Nachteile. Und hier kommt Ammoniak ins Spiel: Ammoniak ist die weltweit zweithäufigste Grundchemikalie. Die chemische Verbindung besteht aus Stickstoff und Wasserstoff. Eingesetzt wird Ammoniak bislang zu 80 % als Düngemittel. Da Ammoniak brennbar ist, könnte es aber auch als Energieträger für Brennstoffzellen verwendet werden. Es verbrennt zu Stickstoff und Wasser und ist in Reinform selbst kein Klimagas. Dabei verfügt es gegenüber Wasserstoff über mehrere Vorteile: Ammoniak verflüssigt sich bereits bei –33 °C, Wasserstoff erst bei –253 °C. Der Dampfdruck beträgt bei 20 °C nur 8,6 bar. Zusätzlich verfügt es über eine deutlich höhere Energiedichte gegenüber Wasserstoff und ist schwerer entzündbar und weniger expolsionsgefährlich. Deshalb lässt sich das Gas vergleichsweise einfach verflüssigen, transportieren und lagern.
Doch auch die Herstellung von Ammoniak ist sehr energieintensiv. Grünes Ammoniak wird per katalytischer Synthese aus abgetrenntem Luftstickstoff und grünem Wasserstoff hergestellt und verliert dabei an Wirkungsgrad. Bei der Elektrolyse von Wasserstoff aus Wind- oder Solarstrom beträgt der Wirkungsgrad je nach Verfahren 70 bis 90 %. Durch die Umwandlung zu Ammoniak liegt der Gesamtwirkungsgrad bis zur Rückverstromung – zum Beispiel in einem Dampfkraftwerk – dann nur noch bei 55 bis 60 %. Es ist also eigentlich deutlich wirtschaftlicher, erneuerbare Energien direkt zu verwenden oder in Form von grünem Wasserstoff zu speichern. Allerdings sprechen die einfachere Handhabung, der Transport und die Speicherung für Ammoniak. Davon könnte zum Beispiel die Schifffahrt profitieren, die derzeit vor allem Bunkertreibstoff verwendet – den billigsten und dabei schädlichsten fossilen Brennstoff überhaupt.
Wasserstofftransport per Erdgaspipelines
Deutschland verfügt über ein 50.000 km langes Erdgashochdrucknetz. Die Nutzung dieser bestehenden Infrastruktur würde zeitnah einen sanften Übergang zur Dekarbonisierung des Wärmesektors ermöglichen. Vor allem wenn man bedenkt, dass das Erdgasverteilnetz in die Fläche insgesamt sogar ca. 500.000 km lang ist.
Der Nationale Wasserstoffrat* (NWR) sieht deshalb im europäischen Umfeld für Distanzen von bis zu 10.000 km im Wasserstofftransport per Pipelines die wirtschaftlichste Option. Weitere Vorteile: Die Nutzung von Bestandsinfrastruktur würde die Systemkosten reduzieren, die Realisierung beschleunigen und die gesellschaftliche Akzeptanz wäre dabei sicher sehr hoch.
Erste Tests verliefen bereits sehr vielversprechend. So erprobt die E.ON-Tochter Avacon die Beimischung von Wasserstoff in einem Teilnetz in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam mit dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) will man zeigen, dass es technisch möglich ist, Wasserstoff zu einem deutlich höheren Prozentsatz als bislang vorgesehen, in ein existierendes Gasnetz einzuspeisen. Geräte und Anlagen müssen für diesen Prozess im ersten Schritt nicht verändert werden.
Neue Verzeilnetze bereits in Planung
Das Infrastrukturprojekt ›H2.Ruhr‹ will kommunale, mittelständische und Industrieunternehmen des Ruhrgebiets mit CO₂-freiem Wasserstoff und grünem Ammoniak durch den Aufbau eines Verteilnetzes versorgen. Bis 2032 sollen zwischen Duisburg und Dortmund bis zu 80.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr für regionale Kunden zur Verfügung stehen.
Wasserstoffspeicherung in Kavernen
Das gesamte Fassungsvermögen für die Ein- und Ausspeisung an deutschen Gasspeichern liegt bei rund 23 Milliarden Kubikmetern Gas. Ob und wie sich diese Speicher auch als Wasserstoffspeicher nutzen lassen, untersucht ein Pilotprojekt des Energieversorgers EWE AG. In einem 500 Kubikmeter großen Hohlraum im Salzstock in Rüdersdorf, Brandenburg, soll die sichere Speicherung von 100 Prozent Wasserstoff getestet und nachgewiesen werden. Erkenntnisse aus dem Projekt wären dann übertragbar auf große Kavernenspeicher.
CO₂-Abscheidung nicht vergessen
Klar ist also, dass Wasserstoff und Ammoniak als grüne Gase einen unverzichtbaren Anteil am Gelingen der Energiewende haben werden. Doch auch das Thema CO₂-Abscheidung und -Speicherung wird eine Rolle bei der Dekarbonisierung im Industrie- und Energiesektor spielen. Mit dem CSS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) lassen sich bis zu 95 % der CO₂-Emissionen, die bei der Nutzung fossiler Brennstoffe zur Stromerzeugung und im Rahmen von industriellen Prozessen entstehen, abscheiden und dauerhaft speichern.
Die technischen Verfahren sind erprobt und praxistauglich. HeidelbergCement wird im norwegischen Brevik die weltweit erste Anlage zur CO₂-Abscheidung und -speicherung im industriellen Maßstab in einem Zementwerk errichten. Jährlich sollen ab 2024 dann 400.000 t CO₂ abgeschieden und zur dauerhaften Lagerung transportiert werden. Die CO₂-Emissionen des im Werk produzierten Zements würden sich damit um 50 % verringern.
Deshalb sagt Mannesmann Line Pipe Verkaufsleiter Konrad Thannbichler: »Wir dürfen auch das Thema CO₂-Abscheidung beim weiteren Vorantreiben der Energiewende nicht aus den Augen verlieren. Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden. Und ebenso wie für den wirtschaftlichen Transport, die sichere Speicherung und die C0₂-neutrale Anwendung der grünen Gase Wasserstoff und Ammoniak steht unseren Kunden auch im Bereich der CO₂-Abscheidung und des CO₂-Transports ein breites Spektrum an Produkten zur Verfügung.«
*Der Nationale Wasserstoffrat fungiert als unabhängiges, überparteiliches Beratungsgremium. 25 hochrangige Expertinnen und Experten begleiten und beraten den Staatssekretärsausschuss für Wasserstoff bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie.
Bedeutung erneuerbarer Energien und grüner Gase für die Energiewende
Mannesmann H2ready®
Speziell für den Transport von Wasserstoff entwickelt und qualifiziert, übertreffen die mechanisch-technologischen Eigenschaften unserer Stahlrohre die Anforderungen der EIGA-Richtlinie.
Effizienter Transport
Sichere Speicherung
CO₂-neutrale Anwendung
Zur dauerhaften Beständigkeit für den Wasserstoff-Transport wird die Innenoberfläche frei von Oberflächenabsätzen geliefert (gemäß ISO 3183). Weiterhin werden innere Angriffspunkte für den Wasserstoff durch eine garantierte Unterschreitung des Phosphor- und Schwefelgehaltes im Vergleich zur EIGA-Richtlinie auf ein Minimum beschränkt. Ein ebenfalls weiter abgesenktes Kohlenstoffäquivalent gewährleistet eine hervorragende Schweißbarkeit. Für eine größere Freiheit im Leitungsdesign bieten wir Güten bis X70 (nach API 5L) bzw. L 485 an. Die Eignung für die Wasserstoffatmosphäre wird bei Bedarf in einem Vergleichsversuch zum Auftrag nachgewiesen.
Salzgitter AG macht Stahlherstellung grün
Mit der Klimainitiative SALCOS® hat die Salzgitter AG die Grundlagen für eine zukünftige, nahezu CO2-freie Stahlproduktion geschaffen. Grüner Wasserstoff wird Kohle ersetzen, die derzeit im konventionellen Hochofenprozess verwendet wird.
Für die Produktion von grünem Wasserstoff mittels PEM-Elektrolyse hat die Salzgitter AG sieben Windenergieanlagen auf dem Konzerngelände in Salzgitter errichtet. Hinzu kommt ein hocheffizienter Hochtemperatur-Elektrolyseur, bei dem Abwärmedampf aus der Stahlerzeugung zur Verwendung kommt.
Beide Anlagen zusammen können bereits heute den Wasserstoffbedarf für Glühprozesse und für die Stahlveredelung abdecken und den aus Erdgas erzeugten grauen Wasserstoff ersetzen.
Es werden aber weitere große Mengen grünen Wasserstoffs benötigt. Das neue Technologiekonzept sieht vor, die bestehenden Hochöfen schrittweise durch Direktreduktionsanlagen zu ersetzen. In diesem Verfahren wird Eisenerz mithilfe von Wasserstoff in Eisenschwamm (fast reines Eisen) reduziert. Statt CO2 entsteht dabei Wasser (H2O), das wiederum im integrierten Prozess weiterverwendet wird. Der poröse Eisenschwamm wird zur Stahlherstellung schließlich gemeinsam mit Stahlschrott in einem Elektrolichtbogenofen eingeschmolzen.
Die erste Direktreduktionsanlage der Salzgitter AG könnte 2026 in Betrieb gehen. Insgesamt kann der CO2-Ausstoß bei der Stahlherstellung mit dem neuen Technologieansatz um über 95 % gesenkt werden.
Inzwischen stellen Tochterunternehmen der Salzgitter AG bereits CO2-reduzierten Stahl her. Seit November 2021 verbaut der Hausgerätekonzern Miele im Rahmen eines Pilotprojekts im Bereich Herde und Backöfen knapp 24 Tonnen CO2-armen Stahl pro Monat. Die Salzgitter AG Konzerntochter Salzgitter Flachstahl GmbH liefert grüne Flachstahlprodukte mit einem um mehr als 66 % verringerten CO2-Fußabdruck seit 2021 an vier deutsche Werke der Mercedes-Benz AG. Und ab 2026 soll CO2-armer Stahl an alle BMW-Group-Werke in Europa und das VW-Werk in Wolfsburg geliefert werden.