Interview
»Immer an konkreten Kundenbedürfnissen orientiert.«
Kundenorientierung steht als »Wert des Jahres« aktuell im Mittelpunkt zahlreicher Aktivitäten bei Mannesmann Line Pipe. Die Verkaufsbereichsleiter Michael Kosfeld und Thorsten Bösch erörtern das Thema gemeinsam mit Dr. Hendrik Löbbe, Leiter Qualitätswesen. Außerdem erläutern sie, warum die »internen Kundenbeziehungen« eine so wichtige Rolle in der externen Wirkung spielen.
Kundenorientierung spielt bei Mannesmann Line Pipe schon immer eine große Rolle. Wo steht das Unternehmen aktuell?
Michael Kosfeld: Kundenorientierung kann man natürlich nicht von heute auf morgen per Dekret verordnen. Ich denke, sie ist seit Langem Teil unserer Unternehmenskultur und immer individuell und persönlich, zum Teil sehr verschieden an den jeweiligen konkreten Kundenbedürfnissen orientiert.
Thorsten Bösch: Das Thema Kundenorientierung nimmt unter der fortschreitenden Globalisierung und der Schnelllebigkeit des weltweiten Beschaffungsmarktes eine immer größere Rolle ein. Dieser Entwicklung wollen sich unsere Kunden gemeinsam mit uns als Partner tagtäglich erfolgreich stellen. Hierfür ist es notwendig, die Erwartungen, Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden zu kennen, um diesen anschließend maßgeschneiderte Produkt- und Dienstleistungslösungen anbieten zu können.
Dr. Hendrik Löbbe: Ein sehr interessanter Aspekt, wenn es um das Thema geht, ist die grundsätzliche Definition von »Kunde«. Wir unterscheiden hier drei Ebenen. Zunächst einmal sehen wir die »Endkunden«, mit denen wir aufgrund unserer Vertriebsstruktur allerdings nicht immer im direkten Kontakt stehen. Trotzdem richten wir unsere Aufmerksamkeit sehr stark darauf, hier zu punkten. Denn wir unterstützen sehr stark die »Zwischenebene« unsere weltweiten Vertreter und Händler, die wir aber weniger als Kunden, sondern vielmehr als Kollegen ansehen. Last, but not least haben wir es innerhalb unseres eigenen Unternehmens und unseres Konzerns auch mit »internen Kunden« zu tun.
Interne Kunden – was ist damit denn gemeint?
H. Löbbe: Im Leitbild YOUNITED der Salzgitter AG ist »Kundenorientierung« der Wert des Jahres 2017/2018. Im Rahmen der Umsetzungsinitiative haben wir nach den wichtigsten Schnittstellen zwischen Mitarbeitern bzw. Abteilungen gesucht – interne Kundenbeziehungen entstehen in erster Linie genau hier. Wir wollen uns allerdings nicht nur mit uns selbst beschäftigten, sondern Strukturen und Prozesse so optimieren, dass wir die externen Kundenwünsche optimal erfüllen können.
Th. Bösch: Wir wollen so sicherstellen, dass auch bei uns intern alle Prozesse reibungslos ablaufen und die einzelnen Abteilungen gut und kommunikativ miteinander arbeiten. Auch in dieser Zusammenarbeit legen wir das Prinzip der Kundenorientierung zugrunde, sodass wir die vor- und nachgelagerten Abteilungen mit der gleichen Sorgfalt behandeln wie unsere externen Kunden.
Wie setzt sich die externe Kundenstruktur bei Mannesmann Line Pipe zusammen?
M. Kosfeld: Unsere Kundenstruktur zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es nicht den typischen Kunden gibt. Neben den Endkunden, die von uns aus den Bereichen Leitungsrohre Öl, Gas, Wasser und OCTG, Fernwärme und Konstruktionsrohre bedient werden, zählen auch Händler, Weiterverarbeiter und Anwender dazu. Und das weltweit – in Märkten, die national zum Teil ganz unterschiedlich funktionieren und entsprechend individuell von uns betreut werden wollen.
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Aufgrund unserer differenzierten Kundenstruktur ergeben sich für jeden Bereich sehr unterschiedliche Zufriedenheits-Parameter.Michael Kosfeld
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Wir wollen und müssen unsere internen Strukturen im Sinne der Kunden weiter optimieren und die Veränderungen in echten und erlebbaren Kundennutzen umwandeln.Dr. Hendrik Löbbe
Was wird sich im Rahmen der Konzerninitiative Kundenorientierung verändern?
Th. Bösch: Wir haben konkret auf die Bedürfnisse unserer Kunden abgestimmte Interviews mit den für uns relevanten Ansprechpartnern geführt. Die Auswertung der Ergebnisse hat bereits zur Entwicklung von Maßnahmen geführt, um aufgezeigte individuelle Verbesserungspotenziale zu generieren. Wir wollen so für jeden einzelnen Kunden ein optimales Ergebnis erzielen.
H. Löbbe: Wichtig auf der internen Seite ist, zu begreifen, was der interne Kunde wirklich benötigt und was er nicht benötigt. Da sind im Dialog schon einige Aha-Effekte zu Tage getreten. Es geht auch darum, mit der Betrachtung der internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen die veränderten Strukturen zu festigen, die Abläufe zu optimieren und dann in verbesserte Standards zu überführen.
Welchen Zeitrahmen sehen Sie für die angestrebten Umsetzungen?
Th. Bösch: Kundenorientierung ist ein fortlaufender und lebendiger Prozess. Deshalb können und dürfen Umsetzungen bzw. Verbesserungen für uns in diesem Bereich nie zu Ende sein, sondern dürfen immer nur als Zwischenschritt zur nächsten Stufe betrachtet werden. Kunden ändern sich, also ändern sich auch ihre Bedürfnisse.
H. Löbbe: Kundenorientierung als Wert des Jahres steht natürlich aktuell sehr im Fokus zahlreicher Aktivitäten in diesem Kontext. Am Ende geht es aber auch darum, das Bewusstsein für die Kundenorientierung im Sinne unseres Leitbildes weiter zu schärfen und als täglichen Handlungsleitfaden über die aktuellen Umsetzungen hinaus zu etablieren.
Wie lässt sich Kundenzufriedenheit überhaupt konkret messen?
M. Kosfeld: Aufgrund unserer differenzierten Kundenstruktur ergeben sich für jeden Bereich sehr unterschiedliche Zufriedenheits-Parameter. Was für einen Öl- und Gasleitungshändler zählt, ist für ein Stahlbauunternehmen vielleicht gar nichts wert, weil es ganz andere Bedürfnisse hat.
Th. Bösch: Damit wir an dieser Stelle den richtigen Fokus setzen und gleichzeitig eine Standortbestimmung haben, befragen wir unsere Kunden regelmäßig. Um hierfür die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, unternehmen wir regelmäßig Workshops, sowohl unternehmensintern als auch gemeinsam mit unseren Kunden, in denen wir die nötigen Rahmenbedingungen entwickeln, um den Begriff Kundenorientierung mit Leben zu füllen.
Zahlreiche Maßnahmen im Rahmen der Kundenorientierung laufen ja bereits seit vielen Jahren. Wird das überhaupt noch wahrgenommen?
Th. Bösch: Das, was vor Kurzem noch als Besonderheit von unseren Kunden erachtet wurde, wird jetzt als Standard und somit als Selbstverständlichkeit angesehen. Das impliziert gleichzeitig, dass wir zum Wohle unserer Kunden unsere Produkte, Dienstleistungen und Services kontinuierlich weiterentwickeln.
M. Kosfeld: Unsere Kunden und ihre Strukturen entwickeln sich ja auch immer weiter. Zahlreiche Tätigkeiten wurden im Laufe der Jahre auf Endkundenseite ausgelagert, um beispielsweise Mitarbeiter und Kosten einzusparen. In diesem Prozess sind wir als Lieferant nicht nur gefragt, sondern haben vorausschauend frühzeitig die Zeichen erkannt und entsprechend gehandelt. Vieles, was wir heute im Sinne unserer Kunden leisten, fand früher auf Kundenseite selbst statt. Das wird inzwischen sicher vielfach als selbstverständliche Lieferantenleistung angesehen.
Apropos Outsourcing und Kosteneinsparungen – kann sich Mannesmann Line Pipe eigentlich noch weltweit agierende Vertriebsmitarbeiter leisten?
M. Kosfeld: Kundennähe spielt eine entscheidende Rolle, wenn Produkte scheinbar immer austauschbarer werden. Der Wert unserer Produkte ergibt sich ja teilweise erst in der Anwendung oder nach jahrzehntelangem sicherem und störungsfreiem Betrieb. Genau deshalb sind es letztlich unsere Vertriebsmitarbeiter und weltweiten Vertreter, die den entscheidenden Unterschied ausmachen. Individuelle Beratung durch langjährige Erfahrung und technisches Know-how, das ist es, was unsere Kunden schätzen. Und zwar nicht nur, wenn sie unsere Werke besichtigen oder an Pre-Production-Meetings in Hamm oder Siegen teil-nehmen, sondern vor allen Dingen bei unserer Präsenz weltweit vor Ort: von der Planung über die Zoll- und Logistikabwicklung bis hin zur technischen Beratung bei der Anwendung auf der Baustelle.
Th. Bösch: Zahlreiche Kunden schätzen darüber hinaus die Unterstützung durch unsere Produktmanager. Sie kennen sich mit allen technischen Details aus. Vom Werkstoff über die Güten bis hin zum bestmöglichen Anwendungsverfahren. Genau hierdurch können wir unserer Rolle als zuverlässiger und lösungsorientierter Partner für unsere Kunden gerecht werden.
Die Produktmanager waren vormals Mitarbeiter der Technischen Kundenberatung. Was hat sich hier für die Kunden verändert?
H. Löbbe: Zuvor waren die Mitarbeiter der Technischen Kundenberatung den Qualitätsstellen in Hamm und Siegen zugeordnet. Als Produktmanager sind sie nun viel stärker in unsere Vertriebsstruktur integriert. Das heißt, dass sie im vertrieblichen Tagesgeschäft viel stärker involviert sind, Abläufe und Projektfortschritte miterleben und de facto näher an unseren Kunden dran sind. Gleichzeitig bilden sie aber weiterhin die Schnittstelle zu den Qualitätsstellen und den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und sind auch in das Innovationsmanagement und die Abteilung Business Development & Prozesse integriert.
Welche Rolle spielt der digitale Wandel, wenn es um Kundenorientierung geht?
H. Löbbe: Mit der Digitalisierung ergeben sich für ein Unternehmen ganz neue Möglichkeiten. Sie schafft zum Beispiel erst die Basis, um eine funktionsorientierte auf eine prozessorientierte Organisation zu transformieren. Mit der Umstellung auf SAP vor zehn Jahren haben wir einen notwendigen und wichtigen Schritt Richtung Digitalisierung der Prozesse geschafft.
M. Kosfeld: Unser Geschäft funktioniert in weiten Teilen heute ganz anders als noch vor etwa zehn oder 15 Jahren. E-Mail und Smartphone sind aus dem tagtäglichen Geschehen überhaupt nicht mehr wegzudenken. Videokonferenzen ersetzen Meetings, die früher mit intensiven Reisetätigkeiten verbunden waren. Gleichzeitig dreht sich alles immer schneller und jede Anfrage, jede Nachfrage, jede gewünschte Information ist pauschal gleich wichtig. Auch hier sehe ich wieder die einzelnen Mitarbeiter als wichtige Schnittstelle zu unseren Kunden, um richtig zu werten, zu priorisieren und die entsprechenden Schlüsse im Sinne unserer Kunden daraus zu ziehen.
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Das Thema Kundenorientierung nimmt unter der fortschreitenden Globalisierung und der Schnelllebigkeit des weltweiten Beschaffungsmarktes eine immer größere Rolle ein.Thorsten Bösch
An welcher Stelle stößt Kundenorientierung an ihre Grenzen?
M. Kosfeld: Transparenz und die Einhaltung von Compliance-Richtlinien sind Grundlage und wichtiger Teil unserer Kundenorientierung. Wenn Kundenorientierung so verstanden werden will, dass diese Spielregeln außer Acht gelassen werden, stoßen wir zwangsläufig an unsere Grenzen.
H. Löbbe: Kundenorientierung darf natürlich nicht zum Selbstzweck mutieren und muss am Ende auch für alle Beteiligten wirtschaftlich sein. Deshalb dürfen wir bei aller Fokussierung auf unsere Kunden unsere eigenen Ansprüche nicht aus den Augen verlieren. Dazu gehört am Ende auch, dem Kunden offen und ehrlich zu sagen, wenn seine Vorstellungen unrealistisch sind und so nicht erfüllt werden können.
Th. Bösch: Kundenorientierung bedarf immer auch der Mitwirkung der Kunden. Nur wenn diese uns ihre Bedürfnisse mitteilen und uns frühzeitig in Entscheidungsprozesse einbinden, können wir dafür Sorge tragen, Wünsche optimal zu erfüllen. Lässt der Kunde dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu, schränken sich unsere Mittel und Möglichkeiten logischerweise ein.
Wo sehen Sie aktuell die größte Herausforderung, wenn es um den Aspekt Kundenorientierung geht?
M. Kosfeld: Bei der Gleicheit der Voraussetzungen – international. Wir machen keinen Hehl daraus, dass der Preis am Ende des Tages immer eine wichtige Rolle spielt. Energiewende, Subventionierung und Billigimporte haben hier international teils zu extremen Verwerfungen geführt.
Wir müssen unseren Kunden vermitteln, an welcher Stelle wir selbst eingreifen und Verantwortung übernehmen können und an welchen Stellen nicht. Dies gilt im Übrigen auch für das Thema Supply Chain. In diesem Kontext weiterhin als zuverlässiger Lieferant gefragt zu sein, scheint mir eine große Herausforderung für die Zukunft.
H. Löbbe: Wir wollen und müssen unsere internen Strukturen im Sinne der Kunden weiter optimieren und die Veränderungen in echten und erlebbaren Kundennutzen umwandeln.
Th. Bösch: Die größte Herausforderung ist und bleibt, die georderte Ware in der gewünschten Qualität zum geforderten Termin zu liefern. Das war immer unser Anspruch und wird es auch in der Zukunft bleiben. Wir messen uns dabei nicht mit anderen Lieferanten – unser Maßstab sind zufriedene Kunden.